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Das Königreich Arn > Die Völker und Stämme in Arn

»Die Geschichten haben einen wahren Kern. Es gibt wirklich jene Esser der Toten, die nur an abgeschiedenen Orten leben und einem verkrüppelten Gott Menschenopfer darbringen. Sie meiden den Kontakt mit anderen Menschen.«

Evann zu Eraine

Die Völker und Stämme in Arn

Die geheimnisvollen Wesen der Vorzeit

Unter den Gelehrten herrscht längst Einigkeit darüber, dass die Welt sehr alt und unter der Last ungezählter Jahre gebeugt ist. Dennoch sind im Land Arn aus all den Zeitaltern vor dem Großen Winter nur wenige Zeugnisse einer Besiedlung erhalten geblieben.

Die ältesten Spuren, die eine von einem bewussten Willen geführte Hand hinterließ, sind uralte Höhlen und Stollen in den Bergen, deren Zweck vergessen ist. Auch sind an einigen Orten steinerne Standbilder bekannt. Diese Statuen zeigen kleinwüchsige Geschöpfe mit übergroßen Schädeln, starrenden Augen und vierfingrigen Händen. Möglicherweise stellen sie Mitglieder eines Volkes dar, welches in der Vorzeit lebte und längst dahingeschieden ist.

Die Elben

Viel jüngeren Alters als die zuvor erwähnten Stollen und Standbilder, wenngleich immer noch sehr alt, sind einzelne Elbensteine, die man in den unzugänglichsten Bereichen des großen Waldes Erim findet: verwitterte Monolithen, deren Herkunft allein an eingeritzten Zeichen zu ersehen ist. Doch diese Hinterlassenschaften der Elben sind im Erim weit seltener als beispielsweise in den Wäldern des Uruanur. Zahlreiche Mythen und Legenden von den alten Elben kursieren im Land, doch soweit sich dies nachvollziehen lässt, haben sie alle ihren Ursprung letztendlich im Land Anaerin, dem ältesten und dichtesten Teil des Uruanur-Waldes.

In heutiger Zeit sind keine Wohnorte der Elben im Lande Arn bekannt. Mitunter treffen Reisende im großen Wald von Erim auf Wesen, die in ihrer Art an die Beschreibungen der alten Elben in den Sagen des Uruanur erinnern, doch sind dies nur seltene Einzelfälle.

Die Turai

Einige Jahrhunderte nach dem Großen Winter wanderten die Turai, ein Volk nomadischer Jäger und Sammler unbekannter Herkunft, in das Land Arn ein, welches von den zurückweichenden Gletschern und schmelzendem Schnee wild und unbewohnt zurückgelassen worden war. Lange Zeit durchstreiften die Turai auf ihren Wanderungen das ganze Land, und noch zur Zeit der Hochkönige von Arn stoßen Arbeiter beim Aushub von Gruben überall im Land auf die Überreste alter Feuerstellen und die Ansammlungen behauener Steinwerkzeuge, wie sie die Turai immer noch benutzen.

Zu einer Zeit also, als sich im Uruanur, in Taugiast, am Fluss Ischat und andernorts die ersten menschlichen Hochkulturen aus dem allgemeinen Vergessen emporhoben, verharrten die Bewohner Arns noch in ihren wilden Bräuchen und bedienten sich alleine Werkzeugen aus Stein und Knochen.

Der cerinische Gelehrte Tugenos von Lai bezeichnete die Turai als die Ureinwohner Arns, was in Anbetracht des zuvor Gesagten eindeutig übertrieben ist. Allerdings lebt dieses merkwürdige Volk länger im Land als alle anderen, die in heutiger Zeit dort siedeln. Zahlreiche Einwanderungswellen sind im Laufe der Zeit über die Turai hinweggezogen und haben sie immer weiter in die unwirtlichen Gebiete zurückgedrängt. Nunmehr leben die Reste dieses alten Volkes in den Enstersümpfen und einigen einsamen Flecken der Esselhöhen.

Niemand pflegt gerne Umgang mit ihnen, denn man sagt ihnen Hexenkräfte nach, die sie nur zu boshaften Zwecken einsetzen würden. In der Abgeschiedenheit haben sie ihre alten Sitten, die mitunter befremdlich anmuten, beibehalten. So beten sie den verkrüppelten Gott M!Hruul an, bringen ihm Menschenopfer dar und verzehren ihre verstorbenen Angehörigen in feierlicher Zeremonie. Sie kennen weder Schrift noch Metalle und benutzen Waffen und Werkzeuge aus Stein und Knochen. Der Name Turai, unter welchem sie Eingang in die cerinische Wissenschaft gefunden haben, ist bei ihren Nachbarn eher ungebräuchlich; häufiger werden sie ›das Verfluchte Volk‹ oder die ›Esser der Toten‹ genannt. Sich selbst nennen sie Turuk!Nei, der große Stamm, doch wird diese Bezeichnung nur selten gebraucht, wie auch die Turai sich nur selten als Teil eines gemeinsamen Volkes wahrnehmen. Viel stärker sind die Bindungen an den Stamm und die Sippe. Andere Autoritäten als die jeweiligen Sippen- und Stammesführer werden abgelehnt und ignoriert; der Herrschaftsanspruch des Hochkönigs und der Fürsten wird zurückgewiesen.

Drei Stämme der Turai sind bekannt: Die Turuk!Azak und Turuk!Kam siedeln in den unzugänglichsten Bereichen des Waldes Erim nahe den Esselhöhen. Die Turuk!Nissta hingegen leben in den Sümpfen der Enster, und sie sind noch am ehesten Fremden gegenüber aufgeschlossen und treiben bisweilen zaghaften Handel mit den Bewohnern der Ebene.

Die Sprache der Turai ist durchsetzt von Klicklauten und besitzt keinerlei Ähnlichkeit oder Verwandtschaft mit irgendeiner anderen Sprache, welche im Königreich und den Ländern ringsum gesprochen wird. Nur wenige Turai können sich mit Außenstehenden verständigen und sprechen eine holprige, gebrochene Form des Cerinischen.

Die Turai sind von geringerem Wuchs als die meisten Menschen, weshalb sie auch als ›Zwerge‹ bezeichnet werden. Ihre helle Haut besitzt einen grauen Unterton und wird bereits in mittlerem Alter faltig und runzlig. Das Haar der Turai ist pechschwarz und borstig; die Kinnpartie ist zumeist gering entwickelt.

Die Nain

In einer Zeit, von der nur noch bruchstückhafte, mündliche Überlieferungen zeugen, wanderte mit der Ausbreitung des Ackerbaus das Volk der Nain von Nordwesten kommend in Arn ein.

Ihre ursprüngliche Heimat lag wohl im südlichen Uruanur, östlich des Ortes, der später Darë genannt wurde. Einige Jahrhunderte zuvor hatten die Menschen in dieser Gegend ihr bisheriges Nomadendarsein aufgegeben und von ihren Nachbarn im Uruanur den Ackerbau und die Viehzucht erlernt. Durch diesen Wechsel der Lebensweise wuchs die Bevölkerung stetig an, was wiederum zu einer allmählichen Ausbreitung in südlicher und westlicher Richtung führte.

Die Nain waren jener Teil dieser Ausbreitungswelle, die schließlich die Länder Mestmaren und Arn, in der Sprache der Neuankömmlinge Malarach und Asanach genannt, erreichte. Als halbsesshafte Ackerbauern waren die Nain weit zahlreicher als die nomadischen Turai und verdrängten sie binnen kurzer Zeit in die unzugänglichen Gebiete. In ihre Sagen und Märchen sind die Turai vielfach als rachsüchtige Geister des Waldes eingegangen.

Mittlerweile haben die Nain in der Mehrzahl die Kultur der später eingewanderten Taránier und Cerinier angenommen und sind überwiegend in diesen Bevölkerungsgruppen aufgegangen; nur in Redrien finden sich noch Siedlungen der Nain, in denen an der alten Kultur festhalten wird. Im Gegensatz zu den Turai, von denen keine Überlieferungen in das allgemeine Wissen eingegangen sind, haben viele Erzählungen und Sagen der Nain die Zeiten überdauert.

Die Nain besitzen helleres Haar als die Taránier; braune und aschblonde Tönungen sind die häufigsten. Oft haben ihre beiden Augen unterschiedliche Farben.

Traditionell bestatten die Nain die Schädel ihrer Toten unter dem Fußboden ihrer Hütten. Dem Rest des Körpers wird wenig Bedeutung beigemessen; er wird verbrannt und die Asche wird anschließend zerstreut. Die Religion der Nain ist höchst informell. Sie beten zu verschiedenen Naturgeistern und sind bestrebt, sie mit beschwörenden Gesten und kleinen Opfern gnädig zu stimmen. Die Taránier nannten sie daher ›die Gottlosen‹.

Die Sprache der Nain ist fast ausgestorben; selbst ihre Lieder und Geschichten sind zumeist in cerinischer Sprache verfasst. Nur in einigen alte Orts- und Personennamen klingt noch die alte Nain-Sprache nach, und hier zeigt sich große Ähnlichkeit mit dem Nermenta, der Sprache des Uruanur, und den alten Elbensprachen.

Die Ansen

Wie an anderer Stelle berichtet wird, strandete einst eine Gruppe Seefahrer an der nördlichen Almothküste und gründete die Stadt Anselig. Die Herkunft der Seefahrer liegt im Dunkeln, doch scheint die alte Sprache Anseligs eine entfernte Verwandtschaft mit dem alten Hochcerinischen aufzuweisen. Möglicherweise waren die Gestrandeten frühe cerinische Seefahrer oder stammten aus einem den Ceriniern verwandten Volk.

Die Ansen, die Bewohner Anseligs, blieben alle Jahrhunderte hindurch ein Volk für sich und stets misstrauisch gegen fremde Einmischung, obwohl sie später die Alltagssprache der Cerinier, ihre Götter und einen großen Teil ihrer Kultur übernahmen.

Die erfraskischen Nomaden

Der nördliche Teil von Efraskien ist ein ebenes Grasland. Bereits die Nain stießen hier, östlich des Almon, den sie damals Limlath, die ›fließende Grenze‹ nannten, auf jene nomadischen Hirten, die auch heute noch dort leben.

Sich selbst nennen sie schlicht ›die Menschen‹, Niraz in ihrer eigenen Sprache; die Nain nannten sie jedoch Eglath-Maruk, das ›unfreundliche Volk‹, denn schon damals waren sie schroff und abweisend gegenüber Fremden, und an dieser Einstellung hat sich nichts geändert.

Die Niraz sind in der Regel hager, knochig und hochgewachsen; ihre Haltung ist von Stolz und Ruhe geprägt. Mit weiten Schritten durchmessen sie die Ebene von Efraskien, und dem Reisenden bieten sie einen beeindruckenden Anblick, wie sie im warmen Glanz des Sonnenuntergangs hochaufgerichtet vor ihren Zelten stehen.

Ihre Gesichter allerdings wirken mit einer winzigen Nase, eingefallenen Wangen und hängenden Mundwinkeln auf Fremde mürrisch und nicht sehr anziehend.

Die Taránier

In den Chroniken des Reiches von Uruanur sind die Einfälle barbarischer Stämme aus dem Norden verzeichnet, welche als höchsten Gott Tarán anbeteten. Viele dieser wilden Menschen wurden zurückgeschlagen und vertrieben, andere befriedet und in entlegenen Teilen des Reiches angesiedelt. Doch die Kühnsten und Rastlosesten drangen weiter in den Süden vor nach Mestmaren und Arn. So kam es zu den taránischen Einwanderungen und zu den Kriegen der Taránier gegen die eingessenen Nain.

Die Schlachten wurden von beiden Seiten äußerst erbittert geführt; und der berühmteste Häuptling der Taránier, Dorgrimm Eisenfaust, war bekannt für seine Gnadenlosigkeit und Brutalität. Nach heftigen Kämpfen etablierten sich die Taránier als neue Oberschicht nahezu im ganzen Land, mit Ausnahme einiger unabhängiger Nain-Stämme im Wald von Erim, der Stadt Anselig, wo ein fremdes Volk, die Ansen, lebte, und den Nomaden Efraskiens, die sich hartnäckig fremder Herrschaft widersetzten. Eine Zeitlang schien es, als könne sich Dorgrimm zum König über das Land ausrufen lassen, doch machten die Uneinigkeit der Stämme untereinander und ihre stetigen Fehden dieses Vorhaben zunichte.

Von ihren letztendlich unterlegenen Feinden wurden die Taránier als ›die Axtmänner‹ gehasst und gefürchtet.

In heutiger Zeit bilden die Taránier den überwiegenden Teil der Bevölkerung von Mestmaren, Asmagund, Branjoch, Redrien und Rauhen. Sie sind vielgestaltig, besitzen jedoch zumeist dunkles Haar und sind von kräftigem Wuchs.

Ihre ursprüngliche Sprache wird nicht mehr gesprochen; sie ist in der cerinischen Alltagssprache aufgegangen und hat dort nur geringe Spuren hinterlassen. Ebenso haben sie auch ihre Religion und Kultur weitestgehend zugunsten der cerinischen aufgegeben. Dem Tarán wird mitunter noch auf Waldlichtungen gehuldigt, ebenso der Tesmau und dem Nár; auch der Glaube an die Erde als der Quelle des Lebens ist weitverbreitet. Allenthalben werden aber auch die Götter der Cerinier und des Uruanur angebetet.

Die Erdgläubigen bestatten ihre Toten nackt und mit Rötel und Ocker bestreut in Erdgräbern. Der Waldgott Nár legt seinen Gläubigen eine ähnliche Bestattungsweise auf; Tarán und Tesmia hingegen geben Hügel- und Felsengräbern den Vorzug.

Die Cerinier

Im Meer der Mittagssonne liegt die große Insel Cerinia. In ihrer Frühzeit traten die Bewohner dieser Insel, die Cerinier, an allen bekannten Küsten als geschickte Seefahrer und Händler in Erscheinung. Der rege Handel erforderte jedoch bald feste Stützpunkte an den Küsten, die sich, da man auch in der Fremde nicht den gewohnten Bequemlichkeiten entsagen wollte, schnell zu befestigten Städten mit Villen, Bädern, Märkten und Theatern erweiterten. Die Handelsrouten, die Städte und der gehortete Reichtum selbst mussten freilich von starken Söldnerheeren geschützt werden.

So wurden aus den friedlichen Händlern von einst Feldherren und Eroberer, die ihren Herrschaftsbereich immer weiter ausdehnten und den unterworfenen Völkern den Verlust der Freiheit mit den Freuden ihrer Kultur versüßten.

Dies geschah auch in Arn, und zur Zeit von Falagrimm, dem Ururenkel Häuptling Dorgrimms, zogen die Strategen Vulmo und Telero mit ihren Truppen durch Arn und verleibten alles Land dem Reich ein. Die Provinz Lauretia tisitar mit der Hauptstadt Tison, welche die Taránier Laech nannten, erstreckte sich über die späteren Fürstentümer Asmagund, Branjoch und Redrien sowie den Süden von Mestmaren. Westlich von ihr, wo später die Fürstentümer Alderland und Efraskien lagen, war die Provinz Lauretia alamitar; ihre Verwaltungshauptstadt war zunächst Oador, später Erida in der Irenaika.

In seiner Blüte umfasste das Cerinische Reich neben zahllosen Inseln den gesamten Südwesten Lauretias und Teile von Araktien im Süden des Meeres der Mittagssonne, und ihre Triarchen trugen den Titel ›Herrscher der Welt‹.

Vor rund 400 Jahren begann schließlich der Niedergang des Cerinischen Reiches mit der Folge, dass Macht und Einfluss der Triarchen auf die lauretischen Provinzen schwanden und diese Länder in einem schleichenden Prozess in die Unabhängigkeit entlassen wurden. Gleichwohl blieb der Einfluss der cerinischen Kultur erhalten; die Sprache des Reiches, das Cerinische, wird allenthalben gesprochen. Insbesondere in Alderland, Efraskien und den Südländern ist ein nicht unbedeutender Anteil der Bevölkerung cerinischer Abstammung. Die Cerinier sind zumeist von geringerem Wuchs als die Taránier; sie besitzen dunkles Haar und olivfarbene Haut.

Die Cerinier haben im Laufe ihrer Eroberungen von den unterworfenen Völkern eine Fülle von Gottheiten und dienstbaren Geistern kennengelernt und diese in ihren Pantheon aufgenommen. Die bedeutsamsten cerinischen Götter sind Kriegsgott Alloum, der mit Tarán verglichen wird, Feuergöttin Tesmia, die Tesmau der Taránier, Ledia, die Göttin des Meeres, Calien, der Gott der Musik und schönen Künste, Liebesgöttin Eredia und Murun, der Gott der Finsternis. Die Cerinier verbrennen ihre Toten und bestatten sie in Urnengräbern, eine Sitte, die in Arn der Adel und die wohlhabende Oberschicht pflegen.

Die Ainad

Schon zu Zeiten der cerinischen Eroberungen waren die Ainad nach Forthor und Irmhorn gekommen und hatten sich dort niedergelassen. Der Stratege Telero machte einige halbherzige Versuche, die beiden Inseln in das Cerinische Reich einzugliedern, doch die kriegerischen Stämme widersetzten sich erfolgreich und behielten ihre uneingeschränkte Freiheit.

Als in den dunklen Jahren die cerinische Ordnung auf dem Festland schwand und die einstige Provinz Lauretia tisitar in eine Vielzahl kleiner Baronien und Stammesgebiete aufgesplittert war, unternahmen die Ainad viele Beutezüge an der Küste des Almoth. Für eine kurze Zeit hatten einige ihrer Stämme sogar die Herrschaft über diesen Landstrich an sich gerissen, bis sie von den erneut vereinten Stämmen wieder vertrieben wurden.

Die Kultur der Ainad hat nur geringe Spuren auf dem Festland hinterlassen. Wiewohl Irmhorn seit rund 200 Jahren Teil des Königreiches ist, sind hier die alten Sitten und Bräuche der Ainad ebenso erhalten geblieben wie auf dem unabhängigen Forthor.

Die Ainad werden gemeinhin als hellhäutig und von kräftigem Wuchs beschrieben. Sie besitzen blondes bis rotes Haar und tragen häufig Tätowierungen am ganzen Körper. Sie beten eine ganze Reihe von Göttern an, aus denen keiner nennenswert herausragt.

Die Uruer

Mit dem Zusammenbruch des alten Reiches von Uruanur vor rund 350 Jahren zerstreuten sich die überlebenden Flüchtlinge in alle Himmelsrichtungen, und nicht ein geringer Teil folgte Prinzessin Irimar, der Tochter des letzten Königs Asrondor, nach Arn.

Äußerlich ähnelten die Uruer den Tarániern, mit denen sie weitläufig verwandt waren. Längst sind die ursprünglichen Flüchtlinge in der taránisch-cerinischen Bevölkerung aufgegangen. Das Königshaus und viele weitere Edelleute leiten ihre Abstammung allerdings von Prinzessin Irimar ab und sehen sich in der Tradition des alten Reiches. So haben die Uruer ihrer geringen Anzahl zum Trotz einen erheblichen Einfluss auf die Kultur des Königreiches genommen.

In früherer Zeit bestatteten die Menschen des Uruanur ihre Toten in Hügel- und Erdgräbern. Wie die Taránier beteten auch die Uruer zu Tesmau und Tarán bzw. Alloum, der bei ihnen Anahog hieß; die cerinischen Götter Eredia, in alter Form Erenna genannt, Calien und Murun stammten ursprünglich aus dem Uruanur. Die Flüchtlinge brachten überdies Landor, den Wolfsherrn, Turuk, den Gott des Winters, Aralia, die Göttin der Weisheit, und einige andere nach Arn mit.

Die Hochsprache des Uruanur war das Nermenta, eine uralte Sprache, deren Wurzeln in den Elbensprachen der Vorzeit vor dem Großen Winter liegen. Mittlerweile wird das Nermenta nur noch an wenigen Orten gesprochen. Im Königreich ist es nur als Gelehrtensprache für Rituale, Zeremonien, Titel und Zauberformeln erhalten geblieben. Im Alltag bedient sich selbst der Hochadel des Cerinischen.

Allerdings haben einige Konzepte des Nermenta ihre Spuren in der Alltagssprache hinterlassen. Dies betrifft insbesondere die für die Anrede gebräuchlichen Personalpronomina, für welche im Nermenta bezüglich Höflichkeit, Distanz und Standesunterschieden eine Vielzahl an Ausdrucksmöglichkeiten zur Verfügung stand. In der Frühzeit sah auch die Sprache der Cerinier hier durchaus unterschiedliche Abstufungen der höflichen Anrede vor. Zur Zeit der großen Eroberungen war dieses Konzept allerdings schon nicht mehr im Gebrauch, und als einzige Anrede das ›Du‹ verblieben, unabhängig vom Stand der jeweiligen Gesprächspartner.

Die Uruer jedoch gebrauchten, wenn sie sich des Cerinischen bedienten, bevorzugt die archaische Höflichkeitsform ›Ihr‹, um eine entsprechende Ausdrucksmöglichkeit des Nermenta nachzubilden. So wird auch in heutiger Zeit in weiten Teilen des Königreiches, insbesondere in Asmagund, Branjoch und Redrien, in der Regel die Höflichkeitsform ›Ihr‹ verwendet. Das vertrauliche ›Du‹ bleibt Gesprächen unter sehr engen Freunden und Familienangehörigen vorbehalten. In den Städten Alderlands und der Metropole Laech wird das ›Ihr‹ hingegen als altmodisch und überheblich empfunden und sein Gebrauch weitestgehend abgelehnt. Ähnlich verhält es sich in den Südländern und allen anderen Teilen des alten cerinischen Reiches, ausgenommen Mestmaren und die alte Küste des Uruanur.

 

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